Die Faktoren, die das Pre-Flop-Spiel bestimmen

Der Wert meiner Karten ist aber nur ein Faktor von vielen, wenn auch ein sehr wichtiger. Im vorigen Kapitel haben wir gesehen, wie man den reinen Kartenwert einordnet. Das ist aber nur der erste Schritt beim Pre-Flop-Play. Sie müssen den reinen Wert Ihrer Karten nämlich nach oben oder unten korrigieren, um zu der Entscheidung zu gelangen, ob Sie spielen oder aufgeben sollten. Wenn Sie zum Beispiel 88 auf die Hand bekommen, dann spielt es eine große Rolle, ob Sie mit vielen oder wenigen Spielern am Tisch sitzen, ob vor Ihnen gecheckt oder gewettet wurde. Von Bedeutung ist auch, wie viel es kostet, dabei zu sein, wie groß der Pot ist und an welcher Position Sie sitzen. Das sind die Hauptfaktoren, die neben Ihren Karten den Ausschlag dafür geben, ob und wie Sie spielen:

• Je besser die Position, desto eher wird eine Hand auch im Rahmen einer sehr tighten Spielweise spielbar.
• Je mehr Action – das heißt Wetten, Erhöhungen und Calls – es in der Wettrunde vor Ihnen gab, desto besser muss Ihre Hand sein, um zu spielen. Das besagt das GapKonzept, das bereits oben besprochen wurde. Sie brauchen also eine bessere Hand, um auf Action der anderen Spieler zu reagieren. Wenn Sie selbst den Pot eröffnen, muss Ihre Hand nicht so gut sein.
• Je weniger Mitspieler am Tisch sitzen, desto besser sind Ihre Karten, da die Chance, dass ein anderer Spieler ein besseres Blatt hat, sinkt.
• Wenn ich für einen geringen Einsatz viel gewinnen kann, habe ich gute Pot-Odds und kann auch eher mittelmäßige Karten spielen.

Das sind die Hauptfaktoren, die das Pre-Flop-Spiel bestimmen. Es gibt aber noch mehr Faktoren, die Sie in Ihre Überlegungen einfließen lassen müssen. Hierzu gehören vor allem die Betting-Patterns und die Spielweise der einzelnen Spieler, Tells, die Sie aufschnappen, die Anzahl Ihrer Chips und der Chips der Gegner, die Höhe der Blinds und vieles mehr. Dies sind aber spezielle Faktoren, die im Einzelnen stark variieren können.

Beschäftigen wir uns also zunächst mit den Hauptfaktoren. Zunächst bewerten Sie Ihr Blatt dem Kartenwert nach. Dann schauen Sie, auf welcher Position Sie sich in Relation zum Dealer befinden und was die Spieler vor Ihnen gemacht haben.

Unsere 88-Starthand von oben ist in einer guten Position durchaus eine Erhöhung wert, wenn vor Ihnen nur mitgegangen wurde. Wenn aber vor Ihnen ein Spieler um die dreifache Big-Blind erhöht hat und ein Spieler mitgegangen ist, dann sinkt der Wert von 88 natürlich, und Sie sollten daran denken aufzugeben. Wenn ich mit 88 in schlechter Position sitze, dann sollte ich ebenfalls vorsichtig sein, weil nach mir noch AA, KK, AK oder ein sonstiges Monster kommen könnte. In einem Heads-Up-Spiel dagegen ist 88 eine sehr gute Hand, und man sollte erhöhen.

Der eigentliche Kartenwert ist also relativ. Manchmal ist man mit einem mittelschlechten Blatt der »Einäugige unter den Blinden« und sollte wetten, erhöhen oder zumindest mitgehen. Ein anderes Mal ist die gleiche Hand ein absoluter Underdog, und Aussteigen ist die einzige Option.

Es ist ähnlich wie bei einer Immobilie. Der eigentliche Wert der Bausubstanz ist wie der Wert der Startkarten im Poker nur die Basis. Der endgültige Wert eines Hauses ergibt sich maßgeblich durch Lage, Angebot und Nachfrage.